Pflanzenaufbau & Erkennungsmerkmale
Die Brennnessel gehört zu den Brennnesselgewächsen (Urticaceae) und ist eine mehrjährige Pflanze, die bis zu 1,5 Meter hoch werden kann. Der Stängel und die Blätter sind von Brennhaaren übersät. Die grünen Blätter sind grob gezähnt und lanzettlich, sie sitzen gegenständig am quadratischen, aufrechten Stängel. In ihren Blattachseln blühen grüne Blütenstände in Form einer Rispe. Die männlichen und weiblichen Blüten wachsen an verschiedenen Pflanzen. Man kann das gut daran erkennen, dass die männlichen Blütenstände von der Pflanze abstehen und die weiblichen nach unten hängen. Botanisch gesehen ist die Frucht, die die weibliche Blüte bildet, eine Nuss. Diese können ab August gesammelt werden, wenn sie hellbraun sind. Tief in den Boden ragt der rhizomartige Wurzelstock. Der Pollen der männlichen Blüten wird durch den Wind weitergetragen und befruchtet so die weiblichen Blüten.
Sammeln & Trocknen
Gesammelt werden können die Blätter am besten von März bis Oktober und die Wurzel der Pflanze in den kalten Monaten. Ab August entwickelt die Pflanze dann ihre Samen. Hier ist zu beachten, dass die weiblichen, hängenden Blüten die Samen entwickeln, diese können verwendet werden. Jeder Pflanzenteil wird unterschiedlich eingesetzt. Alte Blätter sollten nicht gesammelt werden.

Die Brennnessel sieht man oft und in großen Mengen, trotzdem ist beim Sammeln wie bei allen Pflanzen das oberste Gebot “Nimm nur so viel, wie du wirklich verwendest”. Am besten ist es, wenn du die Spitze der Pflanze mit deinem Daumen und Zeigefinger abzupfst, so kann sich die Brennnessel gut erholen und schnell nachwachsen. Die Pflanzenteile werden entweder direkt frisch verwendet oder breit aufgelegt im Halbschatten getrocknet.
Inhaltsstoffe & Wirkungsbereich
Die Brennnessel gilt als adstringierend (= zusammenziehend), harntreibend, kreislaufanregend und blutdrucksenkend, krampflösend und entzündungshemmend. Aber wie macht sie das alles?
Die Pflanze ist reich an Mineralstoffen (20%, darunter Kieselerde, Eisen, Kalium und Kalzium) und Vitaminen (A,B,C). Diese werden vorwiegend in den Blättern gespeichert. Kalium ist ein wichtiges Elektrolyt, das eine Schlüsselrolle bei der Regulation des Wasserhaushalts und des osmotischen Gleichgewichts in den Zellen spielt. Es erhöht die Ausscheidung von Wasser über die Nieren, indem es Wasser in die Niere zieht, wo es dann als Urin ausgeschieden wird. Gleichzeitig hilft Kalium, den Elektrolythaushalt im Körper zu stabilisieren, was den Flüssigkeitsstrom zwischen Zellen und Gewebe beeinflusst. Durch die harntreibende Wirkung werden überschüssige Flüssigkeiten aus dem Gewebe geleitet, was Schwellungen (Ödeme) reduzieren kann. Durch dieses Ausschwemmen werden auch Abfallprodukte aus dem Körper geleitet, daher wird die Brennnessel in jegliche Frühjahrskuren integriert. Kalium hilft auch dabei, neben Wasser überschüssiges Natrium aus dem Körper zu leiten, was den Blutdruck senken kann.
Auch Flavonoide (eine Gruppe von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen) helfen bei der Durchblutung, weil sie die Elastizität der Blutgefäße verbessern. Außerdem neutralisieren sie freie Radikale. Calcium und Magnesium unterstützen die Funktion von Enzymen und Zellmembranen.
Vitamin C unterstützt die Aufnahme von Eisen im Körper, das heißt, die Inhaltsstoffe der Pflanze helfen sich einerseits gegenseitig im Körper aufgenommen zu werden und andererseits auch, das Eisen von anderen Nahrungsquellen zu resorbieren. Durch den erheblichen Anteil an Kieselsäure und dem darin enthaltenen Silizium wird die Knochen- und Kollagenbildung unterstützt.
Außerdem hemmt die Brennnessel die Produktion von Zytokinen. Zytokine sind Proteine, die sich in entzündungshemmende und entzündungsfördernde Zytokine teilen. Zweitere sind vor allem für rheumatische Beschwerden verantwortlich.
Die Brennnessel hat ihren Namen nicht ohne Grund, die Brennhaare auf Blättern und Stängel enthalten unter anderem Histamin und Ameisensäure. Beim Berühren der Pflanze brechen diese Haare und entleeren die Inhaltsstoffe, die das Brennen und Jucken hervorrufen.
Darüber hinaus enthalten die Blätter der Pflanze Acetylcholin, Chlorophyll und ungesättigte Fettsäuren. In der Wurzel befinden sich außerdem Cumarine, Phytosterole, Lignane und Polysaccharide. Die Samen weisen einen sehr hohen Fettgehalt auf (bis zu 30%), sie enthalten unter anderem auch Phytohormone, Schleimstoffe und Vitamin E.
Bei der Teezubereitung ist zu beachten, dass die Pflanze mit kochendem Wasser übergossen wird und anschließend ca. 10 Minuten zieht, so können sich die Mineralstoffe gut aus der Pflanze lösen. Wird die Pflanze kulinarisch verwendet, ist es besser sie nicht zu kochen, da dadurch der Großteil des Vitamin C verloren geht.
Naturkosmetischer Einsatzbereich
Brennnesseln fördern das Haarwachstum durch die Verbesserung der Durchblutung, Nährstoffversorgung und Hemmung von DHT (=Dihydrotestosteron, ein Hormon, das zu Haarausfall führen kann). Sie wirken außerdem effektiv gegen Schuppen, indem sie die Talgproduktion regulieren, antimikrobiell wirken und die Kopfhaut beruhigen. Die regelmäßige Anwendung von Brennnesseltee, -öl oder -shampoo kann gesünderes, kräftigeres Haar und eine schuppenfreie Kopfhaut unterstützen.
Kulinarischer Einsatzbereich
Die jungen Blätter der Brennnessel sind kulinarisch vielseitig einsetzbar und schmecken wunderbar zart. Von süßem Sirup bis hin zu ausgefallenen Salaten, herbem Spinat und wohltuenden Suppen. Sobald die Blätter erhitzt oder getrocknet werden, können sie auch nicht mehr stechen bzw. brennen. Auch wenn man die Blätter für einen Direktsaft pressen oder für Salate verwenden möchte, einfach kurz anquetschen z.B. mit einem Nudelwalker und die Pflanze brennt nicht mehr. Vergleicht man die Inhaltsstoffe mit kommerziellem Obst und Gemüse, ist vor allem hervorzuheben, dass die Brennnesselblätter 6-mal mehr Vitamin C als Zitronen aufweisen und 50-mal mehr Eisen als Kopfsalat. Die Samen können getrocknet über Müslis und Salate gestreut werden, sie schmecken leicht nussig.

Eines meiner Lieblingsrezepte mit Brennnesseln ist ein Sirup mit den frischen Frühjahrstrieben. Der Sirup bekommt dann eine zartrosa Farbe und schmeckt herrlich. Ideal für Mocktails oder Limonaden.
Geschichte, Mystik & Brauchtum
Der Gattungsbegriff “Urtica” stammt von dem lateinischen Wort “uro” ab, was “ich brenne” bedeutet. Was sehr gut auf die Pflanze zutrifft. Damals wurden Brennnesseln zu Sträußen zusammengebunden, anschließend hat man sich damit ausgepeitscht. Warum? Dadurch wurde die Durchblutung unglaublich stark angeregt und rheumatische Beschwerden behandelt. Auch Soldaten haben sich mit dieser Anwendung warm gehalten, weil die starke Durchblutung den Kreislauf angetrieben hat.
Auch interessant ist, dass es Mönchen per Strafe verboten wurde, die Samen der Brennnessel zu essen, weil sie eine potenzsteigernde Wirkung aufweisen.
Von der mystischen Seite betrachtet kennzeichnen Brennnesseln die Wohnstätte von Elfen. Im Mittelalter vertraute man darauf, dass Brennnesseln vor Hexerei und Trollen schützen, allerdings wird in anderen Quellen geschrieben, dass gerade Hexen die Brennnessel gerne nutzen. Im Norden war die Pflanze dem Donnergott Thor zugeschrieben, die Pflanze wird noch heute teilweise Donnernessel genannt. Am Gründonnerstag hat man dazumals Brennnesselbüschel gesammelt und auf dem Dachboden aufgehängt, um das Haus vor Blitzschlag zu schützen. Die Schutzfunktion der Pflanze breitet sich über das ganze Jahr aus, so soll eine Brennnesselsuppe am Gründonnerstag vor Geldmangel schützen, isst man am ersten Tag des Jahres einen Brennnesselkuchen, so wird man ein gutes Jahr haben und auch Brennnesselkrapfen am Johannistag sollen für Schutz sorgen.
Umwelt-Aspekte
Für die GärtnerInnen unter euch; aus der Brennnessel kann eine Brennnesseljauche erstellt werden. Stark verdünnt wird diese als natürlicher Dünger für Böden und Pflanzen verwendet und wirkt genauso vitalisierend für die Böden und Pflanzen wie für uns Menschen.
Die Brennnessel ist eine sogenannte Zeigerpflanze, wo sie wächst ist der Boden stickstoffreich. Außerdem ist die Brennnessel maßgeblich für zahlreiche wundervolle Schmetterlinge verantwortlich, denn ihre Blätter sind ein absoluter Genuss für die Raupen. Die Pflanze ist generell eine große Hilfe für die Insektenwelt. Spinnen und Käfer bauen ihre Netze und Nester zwischen den Pflanzen und die Brennhaare halten ihre Feinde ab. Für einige Vögel sind die Samen im Herbst schmackhaftes Futter.
Die Fasern der Pflanze wurden lange für die Herstellung von Stoffen, Seilen, Matten, etc. verwendet, auch heute gibt es wieder Unternehmen, die auf die altbewährte Ressource zurückgreifen. Auch zum Färben ist die Pflanze geeignet, sowohl Backwaren, als auch Stoffe bekommen durch die Brennnessel einen leichten Grünton.